Die diesjährige Umrüstung von Winter- auf Sommerreifen im Pkw-Segment hat Autofahrer und Reifenhandel gleichsam vor große Herausforderungen gestellt. Reifenhändler berichten, dass bereits umgerüstete Fahrzeuge noch einmal mit Winterreifen bestückt wurden, um eine sichere Fahrweise auf nunmehr winterlichen Straßen zu gewährleisten. Das hat natürlich mit regionalen Wetterbedingungen zu tun. Fast im gesamten Alpenraum wurden noch bis Mitte Mai Schneefälle registriert.
Für den Reifenfachhandel ist die sichere Umrüstzeit rund um Ostern nicht mehr gegeben. Die alte Regel, Winterreifen von O wie Oktober bis O wie Ostern zu fahren, wird durch die sich verändernden klimatischen Verhältnisse immer öfter konterkariert. Autofahrer sind verunsichert und warten erst einmal ab. Eventuell notwendige Neuanschaffungen werden verschoben. Das ist für die betriebswirtschaftliche Situation des Reifenhandels alles andere als förderlich. So zeigt das wdk-Reifen-Sell-out-Panel nach einem guten Monat März einen umso schlechteren April. Mit kumulierten 94,7 Punkten im Gegensatz zum April des Vorjahres muss dieser Monat als sehr unbefriedigend bezeichnet werden. Die Temperaturen zeigten sich Anfang Mai ebenfalls noch sehr durchwachsen. Durch die sich hinziehende Umrüstphase wird das anstehende Sommerreifengeschäft nicht so konsequent umgesetzt wir in den Jahren zuvor. Zudem startet Deutschland ab Juli in die Sommerferien. Das schmälert die Familienkasse nachhaltig. Die vor kurzem veröffentlichten ERMC-Zahlen zeigen zudem eine bemerkenswerte Entwicklung. Der Pkw-Reifenanteil an Ganzjahresreifen hat sich im Vergleich zum April 2016 um 49,1 Prozent erhöht. Insgesamt sollen mehr als 460.000 All-Season-Reifen in den Handel geliefert worden sein. Gleichzeitig hat das Pkw-Sommerreifensegment mit knapp 2,4 Millionen Stück ein Minus von 13,6 Prozent zum Vorjahreszeitraum erzielt. Die Erfolgsgeschichte des Ganzjahresreifens ist nicht aufzuhalten. Für den Reifenhandel gibt es im Servicegeschäft erste Dellen, denn mit dem Siegeszug des Ganzjahresreifens brechen auch Umsätze im Servicegeschäft weg. Die Folgen des insgesamt verhaltenen Geschäftsverlaufs zeigen sich in einem erhöhten Mengendruck und damit verbunden mit der Absenkung der Reifenpreise. Das geschieht vor allem auf den zahlreichen Online-Plattformen. Die dort eingestellten Reifenangebote lassen die Preise purzeln und damit natürlich auch die Marge. Für den Reifenfachhandel bedeutet dies nicht nur Umsatzverlust sondern auch ein schlechteres Ergebnis. Somit wird es immer wichtiger, marktgerechte Einkaufspreise zu erzielen.
Für Einzelkämpfer im Reifenfachhandel wird es immer schwerer, betriebswirtschaftlich auskömmliche Zahlen zu erzielen. Der gestiegene Wettbewerb durch freie Werkstätten und Autohäuser hinterlässt Spuren. Ein nicht kooperierender Reifenhändler muss in einer Vielzahl von Bereichen mehr Zeit investieren. Ob es sich um organisatorische Abläufe, um den Einkauf und den Verkauf im Hofgeschäft handelt, ist dabei nebensächlich. Er muss seine Zeit und seine Kraft in viele Betriebsbereiche aufsplitten. Daneben wird die Geschäftsentwicklung im Online-Kanal immer wichtiger. Reifenhändler, denen es gelingt, die beiden Kanäle Online und Offline, also das traditionelle Hofgeschäft, zu verzahnen, können mit einfachen Aktionen punkten.
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(oth/kle)