Groß im Reifengeschäft auftrumpfen wollte das Portal Tirendo - die Verantwortlichen verpflichteten Formel 1-Weltmeister Sebastian Vettel als Markenbotschafter und zeigten sich auch im Interview mit unserer Redaktion selbstbewusst. Schon zum damaligen Zeitpunkt hatte es in der Branche großen Unmut gegeben: Der Vorwurf der "Falschlistung" von Montagepartnern" stand im Raum. Der damalige Geschäftsführer Dr. Martin Kern bezog Stellung. Er beklagte sich, Delticom hätte das Thema "unter bewusster Vorspiegelung falscher Tatsachen" lanciert - es folgte eine juristische Auseinandersetzung mit einem überraschenden Finish: Delticom schluckte Tirendo. Ruhiger wurde es um den neuen Player im Internet-Reifengeschäft danach allerdings auch nicht. Und jetzt erlangt die Tirendo-Problematik eine weitere Dynamik-Stufe. Mitte Juli meldete die Delticom AG den Integrationsprozess der Tirendo Holding GmbH nach zehn Monaten als abgeschlossen. Am 16. September 2013 hatte die Delticom AG sämtliche Geschäftsanteile des in Berlin ansässigen Online-Reifenhändlers einschließlich aller Tochtergesellschaften erworben. Tirendo sollte das bestehende Shop-Portfolio der Delticom ergänzen. Mitgeteilt wurde auch, dass das Tirendo-Management mit den Geschäftsführern Markus Bihler, Erik Heinelt und Felix Vögtle das Unternehmen zum 31.12.2014 verlassen werden. Delticom beabsichtige, die Eigenständigkeit der Marke Tirendo im Markt weiterhin zu fördern und den Standort in Berlin zusätzlich als "Ideen- und Technologieschmiede zu etablieren" - die Unsicherheit innerhalb der Tirendo-Belegschaft wuchs natürlich dennoch.
Ende Juli nun wurde bekannt, dass zahlreiche Mitarbeiter das Unternehmen verlassen mussten. Die Unternehmensführung teilte den Mitarbeitern mit, Tirendo als eigenständiges Unternehmen habe nur noch eine Chance, wenn man innerhalb von 18 Monaten rentabel werde. Die Tirendo-Mitarbeiter reagierten mit dem Plan zur Gründung eines Betriebsrates. „Wenn die neuen Eigentümer und Geschäftsführer weiterhin auf krassen und harten Umstrukturierungen des Unternehmens bestehen, kann ein Betriebsrat bei Tirendo eine eventuelle Schließung beziehungsweise die angedachte Verlegung des Kundenservice nach Polen und Rumänien nicht aufhalten. Er kann sich aber für einen geordneten und sozialen Ablauf stark machen. Auch ver.di wird sich für seine Mitglieder und den Betriebsrat stark machen“, äußerte sich Markus Hoffmann-Aschenbach von ver.di. Innerhalb der Belegschaft herrscht also Frust - keine gute Basis, um das Ruder in einem herausfordernden Marktumfeld noch einmal herumzureißen. Die Tirendo-Geschichte bleibt konfliktgeladen und von großer Unsicherheit gekennzeichnet.
(kle)