Sehr geehrter Herr Mutz,
sicherlich sind wir in Ihrer Grundaussage, dass die gesamte Branche, also Industrie und Handel, betriebswirtschaftlich dringend eine Preiserhöhung benötigt, vollkommen einig. Und richtigerweise verweisen Sie in Ihrem Beitrag auch auf die Ergebnisse des BRV-Betriebsvergleiches und des Preispanels, die dies eindrucksvoll belegen.
Im Übrigen wurde vom BRV und dessen Ehrenamtsträgern in diesem Zusammenhang immer wieder auf diese Notwendigkeit hingewiesen, letztmalig im Rundschreiben im September 2000 mit der Aussendung des BRV-Preispanels zum Stichtag 01.09.00 - Stichwort - "Setzen Sie diese Preiserhöhung zum 01. November 2000 auch tatsächlich gegenüber Ihren Endkunden um !" - Des Weiteren teile ich gleichfalls Ihre Auffassung zur "völlig undurchsichtigen Rolle der Industrie" in diesem Zusammenhang und bin damit aber auch schon beim Hauptpunkt meiner Kritik an Ihren Ausführungen: Dabei geht es mir überhaupt nicht darum, und das möchte ich bewusst vorweg schicken, die alleinige Verantwortung für eine Preiserhöhung der Industrie, den Reifenherstellern, zuzuordnen, denn beide Seiten, Industrie und Handel sind hier in der Pflicht. Aber um so einen komplexen Vorgang, wie eine marktdurchdringende Preiserhöhung, realistisch hinsichtlich ihrer Machbarkeit und Chancen zu beurteilen, bedarf es eben nicht nur des guten Willens, sondern einer exakten Marktanalyse.
Und genau diese vermisse ich bei Ihnen. Wer wie Sie so tut, als ob der Reifenfachhandel alleine am Markt operieren würde, insbesondere im Pkw-Geschäft, der geht an der Realität vorbei. Bekanntermaßen befinden wir uns hier in einem sehr starken Wettbewerbsumfeld, denn auch wenn wir zwischen 50 und 55 Prozent Marktanteil (Handel an Verbraucher) behaupten konnten, so haben heute unsere Hauptwettbewerber - Autohäuser (30-35 Prozent) und Fachmärkte/Sonstige, einschließlich ATU etc. (10-15 Prozent) - in Summe einen vergleichbaren Marktanteil. Und genau auf dieses gesamte Wettbewerbsumfeld haben wir uns heute einzustellen, mit unserer Produktpalette, unserem Dienstleistungsangebot und eben auch mit unserem Preisniveau. Wenn Sie in Ihrem Editorial feststellen: "Die Vergleiche, die der Reifenhandel zum Selbstschutz aufbaut, stinken zum Himmel:...", so muss ich Ihnen sagen, dass Ihr Mercedes-Lada-Vergleich stärker hinkt als ein Prothesenträger, denn: Mercedes hat nur Mercedes und Lada hat nur Lada. In unserer Branche haben jedoch die "Lada-Händler" (sprich Jobber und Handelshäuser, deren Drehscheibenfunktion für bestimmte Hersteller hinlänglich bekannt sind) eben auch die Top-Produkte zu "Lada-Preisen". Das ist die Realität, mit der der Reifenfachhandel leben muss. Die Verantwortung hierfür liegt jedoch bei den Herstellern, für die offensichtlich nur noch die verkaufte Menge zählt. Wer kann denn den Vertriebschefs noch glauben, die nicht müde werden, ihre Marktverantwortung zu betonen. Diese Herren argumentieren die Notwendigkeit der letzten und weiterer Preiserhöhungen. Gleichzeitig werden aber "Mercedes-Produkte" zu "Lada-Preisen", beispielsweise ans Autohaus, abgegeben (z.B. Michelin Alpin 195/65 R 15 T an VZ zu DM 77.- netto). Und hier, lieber Herr Mutz, möchte ich Sie, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, zitieren: "Das stinkt zum Himmel". In diesem Sinne viele Grüße Ihr Bernd Schoeps Wie ist Ihre Meinung zu dem Thema? Die Redaktion freut sich über weitere Leserbriefe. Senden Sie Ihre E-Mail an: kirchhof@bva-bielefeld.de