Man dürfe keinesfalls die konjunkturelle Erholung abwürgen, hatte sich der wdk-Präsident Anish K. Taneja im Vorfeld der Herbsttagung des Wirtschaftsverbandes der deutschen Kautschukindustrie zu Wort gemeldet. Es gehe um die Gestaltung einer nachhaltigen Erholung. Taneja wiederholte in seinen Eingangsworten zur Herbsttagung diesen Appell in Richtung der künftigen Bundesregierung. Den Akteuren der deutschen Kautschukindustrie ist bewusst, dass der Klimaschutz in den kommenden Jahren oberste Priorität bei den politischen Handlungsträgern hat. Die Industrie muss sich transformieren – die Branchenvertreter fordern aber hierfür klare politische Rahmenbedingungen und einen konstruktiven Austausch über die Gestaltung des Wandels.
Silke Glasewald sprach als Vizepräsidentin des wdk vor den rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der erstmals hybrid durchgeführten Herbsttagung von einer „Zeitenwende“: „Wir stehen vor einer Klimawende, einer Mobilitätswende und einer Energiewende. Diesen dynamischen Wandel muss unsere Industrie mit ihrem ökonomischen und technischen Sachverstand nicht nur begleiten, sondern nachhaltig mitmodellieren.“ Wdk-Hauptgeschäftsführer Boris Engelhardt bezeichnet die nächsten vier Jahre als wegweisend in der Entscheidung der Unternehmen, ob es für sie noch eine wirtschaftliche Zukunft am Industriestandort Deutschland gibt. Engelhardt fordert einen „Zukunftsdialog“ der neuen Bundesregierung mit der Wirtschaft unter Einbeziehung der mittelständischen Industriebranchen. Den Produktionsstandort Deutschland zu erhalten, bedeute letztlich mehr Klimaschutz. Energiekosten müssten bezahlbar bleiben, sinnvoll sei zudem eine maßvolle Chemikalienregulierung unter Beachtung einer vertretbaren Substituierung.
Ausführlich berichtete im Rahmen der Herbsttagung wdk-Volkswirt Michael Berthel über den aktuellen Markt für Kautschukrohstoffe“ und die konjunkturelle Lage. Laut Berthel festigte sich der Branchenumsatz in den ersten drei Quartalen bei etwa 16 Prozent gegenüber 2020. Im 4. Quartal sei aber eine deutliche Zweiteilung festzustellen: Während der non-automotive Bereich brumme, breche den Automobilzulieferern hingegen die Nachfrage zum Jahresende weg. Sowohl beim Umsatz als auch bei der Produktion spiegle sich der dramatische Wegfall von Abrufen seitens der Fahrzeughersteller wider. Kernursache hierfür ist laut Berthel der fragile Beschaffungsmarkt. Die Lieferketten seien zum Zerreißen angespannt und eine Entlastung sei nicht in Sicht. Auch die angespannte Logistikkette habe Auswirkungen auf die Rohstoffversorgung. Für alle Industrierohstoffe komme es im Ergebnis zu exorbitanten Preissteigerungen. Dabei sind alle Materialien – Kautschuke, Füllstoffe, Chemikalien, Metalle – betroffen, die Preiserhöhungen lägen durchweg im hohen zweistelligen Prozentbereich und hätten sich beispielsweise bei SBR nahezu verdoppelt. Für das Gesamtjahr erwartet der Branchenverband nur noch ein Umsatzplus von etwa drei Prozent.