Auch der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) sensibilisiert seine Mitglieder aktuell über das Thema "Reifenfabrikatsbindung". Dies passiert im Kontext der "aggressiven Vermarktung" dieser Reifen durch markengebundene Kfz-Werkstätten. Laut BRV wird teilweise wider besseren Wissens Kunden gegenüber behauptet, dass nur diese Reifen an den betreffenden Fahrzeugen zulässig seien und bei der Verwendung anderer die Gewährleistung und/oder Garantie des Fahrzeuges verloren ginge.
In Europa und insbesondere in Deutschland wurde im Ergebnis eines entsprechenden Verfahrens der EU gegen die Bundesrepublik Deutschland bereits im Jahr 2000 die Reifenfabrikatsbindung aufgehoben. Eine vom BRV nicht genannter Reifenhersteller promote seine herstellerspezifisch gekennzeichneten Reifen aktuell in besonderer Weise. Der Branchenverband weist also darauf hin, dass alle E/ECE-gekennzeichneten (typengenehmigten) Reifen, so sie von der Reifendimension her und dem Last- und Geschwindigkeitsindex den vom Fahrzeughersteller im Rahmen der EG-Übereinstimmungsbescheinigung freigegebenen entsprechen bzw. der Last- und/oder Geschwindigkeitsindex den Angaben in der Zulassungsbescheinigung Teil I entspricht, an einem Kraftfahrzeug definitiv zulässig sind. Alle diesbezüglichen Angaben der Fahrzeughersteller, die sich auf getestete, freigegebene und entsprechend herstellerspezifisch gekennzeichnete Reifen beziehen, hätten „lediglich“ Empfehlungscharakter.
Was die generelle Eignung von nicht herstellerspezifisch gekennzeichneten Reifen betrifft, hat der BRV erneut die grundlegende Position des wdk und seiner Mitglieder der Reifenindustrie dazu eingeholt. Diese bestätigt, dass es keine indirekte Reifenfabrikatsbindung durch OE-Markierungen gibt und die Verwendung nicht OE-markierter Reifen keine Einschränkungen in punkto Sicherheit oder Gewährleistung nach sich zieht. Der BRV fordert seine Mitglieder im Falle der Konfrontation mit "unseriöser Vermarktung" dieser Reifen durch die markengebundenen Kfz-Werkstätten dazu auf, sich dieses schriftlich geben zu lassen und an den BRV weiterzuleiten. Der BRV will dann entsprechende rechtliche Schritte einleiten.
Eine Ausnahme allerdings betrifft in diesem Kontext Fahrzeuge mit Allradantrieb (AWD, 4x4, 4WD) und achsweiser Mischbereifung, das heißt Fahrzeuge mit Allradantrieb, die in der Regel vom Fahrzeughersteller bereits mit unterschiedlichen Rad-/Reifenkombinationen auf Vorder- und Hinterachse ausgestattet sind oder mit einer entsprechenden ABE auf solche Kombinationen umgerüstet werden können – auf nicht vom Fahrzeughersteller (oder Radhersteller) in diesem Kontext freigegebene Reifenmarken. Der technische Hintergrund ist, dass die Systeme der Fahrzeughersteller meist so eingestellt sind, dass bei abweichenden Abrollumfängen von Vorder- zu Hinterachse von mehr als einem Prozent (z.B. bei BMW) oder bei entsprechenden Abweichungen von 3 bzw. 2 Millimetern (z.B. bei Audi) diese zu regeln beginnen, was dann zu entsprechenden Reklamationen durch die Kunden führt. Dies obwohl nach ETRTO Konstruktionstoleranzen beim Abrollumfang von plus 1,5 Prozent und minus 2,5 Prozent zulässig sind, so der BRV. Wenn also ein Fahrzeug mit Allradantrieb und unterschiedlichen Rad-/Reifenkombinationen auf Vorder- und Hinterachse auf ein nicht vom betreffenden Fahrzeughersteller (oder Radhersteller) freigegebenes Reifenfabrikat umgerüstet werden soll, muss der Handel unbedingt vorher eine Freigabe des betreffenden Reifenherstellers einholen.
(kle)